Veranstaltung: | Jahreshauptversammlung 2021 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 58, Nein: 0, Enthaltungen: 5, Ungültig: 0 |
Beschluss durch: | Jahreshauptversammlung |
Beschlossen am: | 08.05.2021 |
Eingereicht: | 10.05.2021, 11:50 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Autoarme Innenstadt
Beschlusstext
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich in der Ratskooperation für eine autoarme
Innenstadt in dem Bereich Wall, Jensendamm, Martensdamm, Kleiner Kiel Kanal ein.
Dieser Bereich wird im Folgenden Quartier genannt.
Dazu wollen wir das Quartier in der Kieler Altstadt zu einer autoarmen Zone
erklären. Dies bedeutet:
– Ausschließlich Anlieger*innen mit vorhandenem Privatparkplatz dürfen in das
Quartier fahren. Diese dürfen aber nicht mehr am Straßenrand oder auf
öffentlichen Flächen parken
– Anlieger*innen ohne festen Parkplatz und Nicht-Anlieger*innen dürfen nicht in
das Quartier fahren und werden auf Parkflächen außerhalb des Quartiers
verwiesen. Dazu gehören speziell die Parkhäuser P5 Holstenstraße I, P6
Holstenstraße II, P4 Altstadt, P3 Jensendamm und das Parkhaus Kieler Schloss,
welche jederzeit zugänglich gemacht werden sollten. Für Anlieger*innen soll es
möglich sein feste Parkplätze in den Parkhäusern zu bekommen.
– Ausnahmen der Regelung bilden Polizei, Feuerwehr, Rettungswagen, Taxen,
Müllabfuhr, Umzugswagen, sowie der Lieferverkehr. Letztgenannte dürfen in das
Quartier nur zu festgelegten Zeiten einfahren.
– Für Menschen mit Behinderung mit eigenem Fahrzeug sollen adäquate
Einzelfalllösungen gefunden werden.
– Für alle einfahrenden Fahrzeuge gilt Tempo 10 Km/h.
– In allen Straßen sollen Shared Spaces für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen
entstehen. Fußgänger*innen haben dabei stets Vorrang. Die schon jetzt als
Fußgänger*innenzone ausgewiesene Dänische Straße und Holstenstraße bilden dabei
die Ausnahme. Dort bleibt es bei der bisherigen restriktiven Regelung für
Fahrräder.
– Die freigewordenen Räume sollen kreativ genutzt werden und damit zur
Lebensqualität beitragen. Dies soll zum Beispiel durch Begrünung mit Bäumen,
Blühstreifen, Hochbeeten, sowie Aufstellen von vereinzelten Sitzgruppen,
Spielund Sportgeräten geschehen
Begründung
Kiels Innenstadt lebt von den Menschen, die dort wohnen, arbeiten, bummeln, zu ihren Ärzt*innen gehen oder am Holstenfleet die Nähe zum Wasser spüren. Viele Menschen kommen hierher, es ist der zentrale Anlaufpunkt in der Stadt (von der schönen Kiellinie vielleicht abgesehen). Doch wir Bündnisgrüne finden: der Raum kann noch attraktiver werden!
Kiel hat sich mit dem Masterplan Mobilität und dem Green City Plan Ziele gesetzt, die es bis 2035 zu erreichen gilt. Unter anderem soll der Anteil der mit dem Pkw zurückgelegten Wege von 42% auf 26% gesenkt und der Anteil des Radverkehrs von 18% auf 25% erhöht werden. Das Auto nimmt in der Stadt eine überproportional große Fläche ein. Ein Beispiel: In Berlin verbrauchen Pkw 58% der städtischen Fläche, es werden jedoch „nur“ 30% der Wege damit zurückgelegt1 . Für eine erfolgreiche Mobilitätswende benötigt es Push- und Pull-Maßnahmen. Pull-Maßnahmen wie der Ausbau der Velorouten werden bereits ergriffen. Für die erfolgreiche Nutzungssteigerung des Umweltverbundes sind jedoch auch Push-Maßnahmen notwendig: Verkehrsflächen, die zurzeit ausschließlich von Pkw genutzt oder dominiert werden, müssen zugunsten des Umweltverbundes (Fuß, Rad und ÖPNV) umgewidmet werden.
Die Stadt Kiel kann Vorreiterin für andere deutsche Städte und Kommunen werden, indem die Altstadt in einem Pilotprojekt für autoarm erklärt wird. Durch verschiedene Maßnahmen wird es attraktiver, den Umweltverbund zu nutzen, um in die Stadt zu fahren. Außerdem wird die Aufenthaltsqualität innerhalb der Altstadt erhöht, Menschen können sich gefahrlos fortbewegen und haben genügend Platz für Begegnungen. Entgegen der oft verbreiteten Ansicht profitiert davon auch der Einzelhandel, wie Beispiele in Houten2 , Madrid3 und London4 zeigen. In London wurde festgestellt, dass Radfahrende und Fußgänger*innen monatlich 40% mehr Geld in Nachbarschaftsläden ausgeben als Autofahrer*innen. Sie kaufen zwar weniger ein, dafür aber häufiger.
Neben den Besucher*innen der Altstadt und dem Einzelhandel profitieren aber auch die Anwohner*innen. Kinder können ungefährdet auf der Straße spielen, die Lärmbelastung wird verringert und somit auch die Wohnqualität erhöht. Das Pilotprojekt gibt außerdem die Möglichkeit verschiedene Maßnahmen in einem verhältnismäßig kleinen Areal der Stadt auszuprobieren. Die gesammelten Erfahrungen und eine entsprechenden Evaluation können dann für andere Gebiete in Kiel und für eine mögliche Ausweitung des Quartiers genutzt werden.
Durch das Pilotprojekt hat die Stadt Kiel eine weitere Möglichkeit sich bundesweit für die Mobilitätswende zu positionieren und den Vorbildcharakter, den sie in vielen Bereichen bereits inne hat, weiter auszubauen. Die von der Ratsversammlung beschlossenen Maßnahmen des Masterplans Mobilität und Green City Plans benötigen den fruchtbaren Boden, um zu greifen. Dieser Boden wird mit einer autoarmen Altstadt weiter aufbereitet.
Unter folgendem Link findet Ihr weitere Informationen zur Vision, dem Konzept und einen FAQ-Bogen: https://gruene-kiel.de/arbeitskreise/arbeitskreis-mobilitaet/autoarme-innenstadt/
Quellen: